Interne Kommunikation hat immer dann eine besonders hohe Bedeutung, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens, einer Institution oder wie in unserem Fallbeispiel einer Klinik von einer Veränderung betroffen sein werden oder auch nur betroffen sein könnten. Im vorliegenden Fall ging es um die Schließung einer kleinen Klinik im Schwäbischen, die über 54 Betten und 60 Mitarbeiter verfügte.
Die stationäre Versorgung sollte aufgegeben, die Notaufnahme geschlossen werden. Geplant war eine Verlegung in das nur 15 Kilometer entfernte „Mutterhaus“ des privaten Klinikverbundes. Derzeit gibt es noch zirka 1950 Kliniken in Deutschland, erklärter politischer Wille auf Bundes- wie auch auf der Ebene der Länder ist, die Zahl der Krankenhäuser um mindestens zehn Prozent zu reduzieren.
Unterstützt werden Kliniken dabei aus einem eigens aufgelegten Strukturfonds im Rahmen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Zum einen sollen Überkapazitäten abgebaut, zum anderen die Qualität der weiter bestehenden Kliniken gefördert werden. Es bedarf keiner weiteren Erklärung, dass zum Beispiel Eingriffe, die in einem Haus hundertfach im Jahr durchgeführt werden, vermutlich routinierter ablaufen, als in Häusern, in denen die Chirurgen diesen Eingriff nur selten vornehmen.
Beispiel Geburten: Immer noch bestehen viele Frauen darauf, in einer Klinik in ihrer unmittelbaren Umgebung zu gebären. Vielleicht weil sie dort selbst zur Welt gekommen sind, vielleicht weil Verwandte oder ein Bekannter einmal dort gut versorgt worden ist oder einfach, weil sie beim Einsetzen der Wehen in wenigen Minuten in der Klinik sein wollen.
Gleichwohl werden immer mehr Geburtsstationen geschlossen. Zum Teil, weil sie schlicht unrentabel sind, aber immer öfter auch, weil es Sinn macht, in eine Klinik zu gehen, die ein Perinatalzentrum vorhält. Am besten eines mit dem höchsten Level. Level-1-Zentren werden von anerkannten Neonatologen und ärztlichen Geburtshelfern geleitet und haben eine räumlich miteinander verbundene Entbindungsstation, einen Operationssaal und eine Neugeborenen-Intensivstation mit mindestens sechs Plätzen. Sie verfügen unter anderem über ständige Arztbereitschaft und einen Neugeborenen-Notarzt für die Nachbarabteilungen.
Im vorliegenden Fall war es demnach wichtig, bereits frühestmöglich mit der Kommunikation zu beginnen. Also wurde bereits unmittelbar nach dem Vorstandsbeschluss eine Rundmail an alle Mitarbeiter versendet. Dies vor allem, um Gerüchten vorzubeugen. Grundsätzlich muss dabei beachtet werden, dass eine Rundmail immer ihren Weg auch in die Öffentlichkeit, auch schnell zur Presse finden wird. Speziell im Klinikbereich hat sich hier die Einrichtung einer Mitarbeiter-App als nützlich herausgestellt, die für jeden einzelnen Mitarbeiter freigeschaltet werden kann. Hintergrund: auch im Klinikbereich hat nicht jeder Mitarbeiter (Reinigungsdienste, Hol- und Bringdienste, Gärtner, etc.) zwingend einen PC und/oder eine eigene Mail-Adresse.
So wurde bereits vor der Vorstandssitzung eine interne Mitteilung verfasst, die dann innerhalb kürzester Zeit versendet werden konnte. Diese ging nicht nur an die Mitarbeiter der kleinen Klinik, sondern auch an die Belegschaft des „Mutterhauses“. Wichtigste Säulen:
Die Klinik wird nicht geschlossen, sondern verlegt.
Die 35 Vollzeitkräfte ‚Pflege‘ und die 15 Vollzeitkräfte ‚Ärzte‘ wandern in gleiche Abteilungen im „Mutterhaus“.
Den 10 Vollzeitkräften ‚Verwaltung und Sonstige‘ werden Alternativen im „Mutterhaus“ angeboten.
Schon einen Tag nach der Vorstandssitzung wurden zwei Betriebsversammlungen (Schichtdienst) angesetzt, eine Stunde vor diesem Termin wurden alle vier Chefärzte durch die Geschäftsführung persönlich informiert. Dabei bestand natürlich auch die Möglichkeit Fragen zu stellen. So gab es nicht nur die Gelegenheit, möglichen Unklarheiten vorzubeugen und die Entstehung und Verbreitung von Gerüchten zu verhindern, aber vor allem auch, um eine potentielle Abwanderung von Personal zu anderen Krankenhäusern zu verhindern. Gerade im Gesundheitswesen ist dies angesichts von Pflegenotstand und Ärztemangel ein immens wichtiger Aspekt.
Und: In Fällen wie dem vorliegenden müssen die Mitarbeiter „sprachfähig“ sein. Nicht gegenüber der Presse – dies übernimmt die Pressestelle – sondern gegenüber Verwandten und Freunden. Spätestens wenn Infos über Veränderungen nach außen dringen, werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Fragen zu Details konfrontiert. Die Antwort „Wir erfahren Neuigkeiten bei uns immer als letzte…“ wäre schlimm. Denn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, ob sie wollen oder nicht, selbstverständlich Multiplikatoren.
Um die Beschäftigten mitzunehmen, wurde in der Folge eine „AG Umzug“ gegründet, in der neben der Geschäftsführung auch Vertreter aller Berufsgruppen saßen und aus der regelmäßig via Intranet berichtet wurde. Zur internen Kommunikation gehörte auch, dass ein elektronischer wie ein haptischer Briefkasten installiert wurden, um den Mitarbeitern Gelegenheit zu geben – auch anonym – Ängste, Fragen und Sorgen an die Geschäftsführung heranzutragen.
Die offene und schnelle interne Kommunikation ist gerade bei Veränderungsprozessen, die die Stakeholder betreffen, eine eiserne Regel. Erfahren Mitarbeiter aus der Zeitung von geplanten Änderungen und lässt der Artikel zudem noch Fragen offen, wird Vertrauen verschenkt, das nur mühsam wieder aufgebaut werden kann.
Im vorliegenden Fall hat die interne Kommunikation dazu geführt, dass die Miterbeiter nach außen die Pläne loyal vertreten konnten, im Haus keinerlei Unruhe aufkam und die Umstrukturierung trotz aller Kritik der Öffentlichkeit intern ruhig verlief. Ein erfolgreiches Beispiel für eine gute interne Kommunikationsstrategie und -umsetzung.
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